In diesen Tagen läuft der Verkauf von Baumkuchen bei zahlreichen Innungsbäckereien auf Hochtouren, so auch bei der Familienbäckerei Pfützner im Erzgebirge. Angefangen hat alles vor 105 Jahren, als Alvin Pfützner in Schmiedeberg seinen Betrieb eröffnete und die ersten Baumkuchen herstellte. Damals war noch nicht abzusehen, dass inzwischen bereits die dritte Generation erfolgreich sein begonnenes Handwerk weiterführt. Wie viele andere Weihnachtsklassiker können in diesem Jahr die traditionellen Wickelkuchen zum ersten Mal auch online geordert werden. Von derartigen Vertriebsmethoden ahnte Urgroßvater Alvin natürlich noch nichts.
Nur demjenigen, der den richtigen Rhythmus einhält, gelingt das Werk.
Doch eines hat sich bis heute kaum verändert: Die Herstellung von Baumkuchen erfordert noch immer viel Geduld und handwerkliches Geschick. Die Teigmasse, besteht traditionell aus Mehl, Butter, Zucker, Eiern, Rum und Marzipan, und wird Schicht für Schicht auf einer sich drehenden Walze gebacken. Diese lässt der Bäcker in verschiedenen Geschwindigkeiten rotieren, stets bemüht die gewünschte Form zu halten und eine Tropfenbildung zu verhindern. Rotiert der Baumkuchen zu schnell, kann die Stabilität des Baumkuchens beeinträchtigt werden, rotiert man zu langsam, läuft die weiche Masse davon. Durch eine besondere Auftragungstechnik erhält der Kuchen eine wellenförmige Kontur und es bilden sich Ringe.
Ist der Backprozess erst einmal in Gang, kann er nicht mehr gestoppt werden. Kühlt eine Schicht aus, bleibt die nächste nicht mehr haften. Aber durch eine zu lange Hitzeeinwirkung können auch zu stark gebräunte Backstellen entstehen. Nur demjenigen, der den richtigen Rhythmus einhält, gelingt das Werk. Läuft es gut, entstehen auf diese Weise 10 bis 20 Schichten. Trotz moderner Backapparate bedarf die Herstellung eines Kuchens von 250 Gramm auch heute noch etwa zwei Stunden Handarbeit. Das Innere ähnelt den Jahresringen eines Baumes. Ob der Baumkuchen daher seinen Namen hat oder ob er von der ursprünglichen Herstellungsweise auf einem Holzspieß über offenem Feuer rührt? Das weiß heute niemand so genau.
Bereits im 15. Jahrhundert kommt der Baumkuchen in einer Nürnberger Polizeiverordnung vor, aber das ist längst nicht seine Geburtsstunde. Im antiken Griechenland wurden zu Strängen geformte Backwaren bei Festzügen mitgetragen. Die lernbegierigen Römer schauten sich bei den Griechen die Herstellungstechnik ab, die Germanen wiederum von den Römern. So gewann der Baumkuchen auch im Norden Freunde, und im Laufe der Jahrhunderte immer mehr an geschmacklicher Perfektion. Spießkuchen gingen dann ihren Weg von den Klosterküchen in die Herrschaftsküchen und später in die Bürgerhäuser. Im Kochbuch der Kielerin Maria Sophia Schellhammer von 1692 finden sich bereits vier verschiedene Baumkuchenrezepte, von denen eines der direkte Vorgänger der heutigen Generation ist. Im 19. Jahrhundert wurde der Baumkuchen zum Inbegriff großer Handwerkskunst.
Überzogen mit feiner Kuvertüre, die diesen vor Austrocknung schützt, stellt der Baumkuchen geschmacklich eine Besonderheit dar. Auch bei den Pfützners kommen nur beste, natürliche Zutaten in den Teig, ganz nach dem überlieferten Familienrezept. Ein kleiner Verbraucher-Tipp von den Experten aus dem Erzgebirge: Baumkuchen eignet sich im Gegensatz zum Stollen nicht für eine längere Lagerung. Er sollte innerhalb einer Woche verzehrt werden.
Sogar bis nach Japan hat es der Baumkuchen geschafft. Dort ist er eine der beliebtesten Backwaren überhaupt und abgepackt in vielen Lebensmittelgeschäften erhältlich.