Das Wandern ist des Bäckers Lust! Seit Jahrhunderten gehen auch Bäcker auf traditionelle Wanderschaft – die hier Bäckerwalz genannt wird. Doch nicht jeder gibt sich mit den bereits betretenen Pfaden zufrieden: Wir treffen Marc Mundri, den seine Bäckerwalz an das andere Ende der Welt verschlug.
Sie tauschen Smartphone, W-LAN und sogar einen festen Wohnsitz gegen ein Leben, in dem Ungewissheit den Alltag ersetzt. Bepackt mit Schlafsack, Arbeits- und Wechselklamotten gehen Bäckergesellen drei Jahre und einen Tag auf die Walz. Und weil Reisen bildet, ist der Trip ins Ungewisse seit Jahrhunderten ein ganz besonderer Teil der Bäckerausbildung.
Marc Mundri hat sich am 7. Februar 2011 ebenfalls auf dieses Abenteuer eingelassen und seine Erfahrungen auf dem Bäckerwalz-Blog mit der Öffentlichkeit geteilt. Der damals 22-Jährige gab sich nicht mit dem „Tippeln“ durch Deutschland zufrieden, sondern ging ins Ausland, um dort Erfahrungen zu sammeln. Seine Bildungsreise führte den jungen Bäcker an das andere Ende der Welt, um das Bäckerhandwerk rund um den Globus kennenzulernen. Wir haben den erfolgreichen Weltenbummler getroffen und nach seinen ganz persönlichen Reisehighlights gefragt.
„Ein Bericht in einer Fachzeitschrift hat mich auf diesen Weg gebracht. Bis zu diesem Bericht habe ich die Walz auch nur als Zimmermanns- und Tischler-Tradition gekannt.
Über einen ehemaligen Wandergesellen, der in der Zeitschrift darüber berichtete, habe ich die ersten Eindrücke erhalten. Daraufhin habe ich aktive Wandergesellen getroffen, um die Lebensart kennenzulernen und danach war klar: Das muss es sein.“
„Ich habe gedacht, die Umstellung auf „handylos“ würde mir schwerer fallen, aber ab dem 1. Tag habe ich es nicht vermisst, da man plötzlich mit ganz anderen Herausforderungen, wie dem Trampen oder die Schlafplatzsuche, konfrontiert wird. Diese Regel bedeutet auch keine Kontaktsperre in die Heimat. Wir dürfen Handys nutzen, aber nicht besitzen. Wenn ich jemanden erreichen möchte, schaffe ich dies, aber ich bin nicht sofort zu erreichen.“
„Vorher hatte ich keine großen Ziele in welches Ausland ich möchte. Eins wurde nach dem ersten Winter in Europa aber klar: „Die nächsten Winter gehen ins Warme!“
Es sind auch Ziele geworden, die ich in den nächsten Jahren wahrscheinlich nicht noch mal besuchen werde.“
„Ich habe in jedem Land, sei es in Indien, Mexiko oder Neuseeland, gute Bäcker gefunden, auch oft deutsche Auswanderer. Die Kombination aus Qualität, Vielfalt und Verfügbarkeit ist in Deutschland einzigartig. Aber die Bäcker im Ausland haben immer gute Ideen in Form von außergewöhnlichen Gebäcken und Auftritten präsentiert.“
„Ein Wandergeselle, der schon mindestens ein Jahr unterwegs ist, dient den Neulingen in den ersten Monaten als "Exportgeselle". Seine Ruhe und Gelassenheit hat mir in den ersten schwierigen Situationen geholfen. Aufgeben war aber immer ein Fremdwort.“
„Da gibt es einige! Natürlich sieht man viele schöne Orte und nimmt unglaubliche Eindrücke mit. Man kann sich aber vorstellen, dass die Eindrücke aus Indien andere sind, als aus Neuseeland. Neuseeland und Mexiko sind unglaublich schöne Flecken Erde, aber aus Indien habe ich die wohl prägendsten Begegnungen mitgenommen.“
„Die skurrilste Situation war in Mexiko. In einer kleinen Küstenstadt sind wir auf eine mexikanische Oma gestoßen, die zwei Jahre zuvor ihr Hostel mithilfe von Wandergesellen renoviert hat. Mit offenen Armen hat sie uns empfangen und mit einer überwältigenden Selbstverständlichkeit wurden wir für mehrere Wochen aufgenommen und waren sofort Teil der mexikanischen Großfamilie!“
„Ich rate jedem, der sich mit dem Thema intensiver auseinandersetzt, nicht zu viel über Probleme und negative Szenarien nachzudenken. Es gibt keine Probleme, nur Lösungen!“
Die Walz beginnt mit der symbolischen Überquerung des Ortsschildes. Die ersten 50 Kilometer danach muss der frische Wandergeselle zu Fuß zurücklegen. Diesen „Bannkreis“ darf der Geselle erst nach frühestens drei Jahren und einem Tag wieder überschreiten. In der Anfangszeit hilft ein sogenannter „Exportgeselle“ den neuen Walzgesellen und bringt sie „auf den Weg“. Von ihnen lernen die Neulinge wichtige Tipps und Tricks, die für das Leben auf der Walz wichtig sind. Handy und Laptop darf der Walzgeselle nicht mitnehmen – benutzen dürfen sie geliehene Geräte aber schon, um zum Beispiel mit ihrer Familie in Kontakt zu bleiben. In Deutschland dürfen die Wandergesellen für Unterkunft und Reisen kein Geld ausgeben. Bevorzugte Anlaufstellen für Übernachtungen sind Kolpinghäuser und Jugendherbergen. Aber auch Menschen, die die Wandergesellen unterwegs kennenlernen, bieten oft eine Bleibe für eine Nacht an. Das unterwegs benötigte Geld muss auf Arbeitsstellen selbst verdient werden. Ein „Arbeitsverhältnis“ darf nicht länger als drei Monate dauern.
Denn sie bringen einen hohen Erfahrungsschatz, viel Flexibilität und soziale Kompetenz mit - und natürlich viele leckere Rezepte aus aller Welt!