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Auf ein Brot mit
Michael Wippler


Zwischen Familienbetrieb und Verband – wir haben Bäckerpräsident Michael Wippler auf ein Brot getroffen.

Porträt Michael Wippler

Michael Wippler ist der neue Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks e. V. Im Oktober 2015 wurde das Dresdner Urgestein in sein neues Amt gewählt, das zuvor 15 Jahre fest in den Händen von Peter Becker gelegen hatte. „Ich bin mir mehr als bewusst, dass ich ein großes Erbe antrete – aber ich freue mich sehr auf die Herausforderung“, so Michael Wippler nach seiner Wahl. Gewohnt bescheiden und doch selbstsicher – schließlich ist er es als Kind einer Bäckerdynastie gewöhnt, in große Fußstapfen zu treten und gleichzeitig seinen eigenen Weg zu gehen.

Der Familienbetrieb hinter dem Bäckerpräsidenten

Seit 1910 in Dresden ansässig, ist das Familienunternehmen von Michael Wippler heute ein voller Erfolg. Fünf Filialen und rund 80 Mitarbeiter, darunter Bäckermeister, Gesellen, Fachverkäufer, Restaurantfachleute  und sechs Köche, zählt die Bäckerei Wippler, die in Dresden beinahe jedem ein Begriff ist. Als Stollenexperte mit eigenem Online-Shop machte er aus dem Dresdner Stollen ein begehrtes Exportprodukt, seine Eierschecke ist in der Region mittlerweile zur Legende geworden. „An den regionalen Spezialitäten hängt mein Herz besonders. In der Gegend rund um Dresden hat die Kaffee- und Kuchenkultur einen hohen Stellenwert, den wir pflegen und genießen. Das ist es, was das Bäckerhandwerk für mich ausmacht: Es ist ein Stück gelebte Kultur“, so Michael Wippler.

Dass er einmal Bäcker wird, war kein Zufall. Bereits sein Vater und Großvater standen in Dresden in der Backstube. 1981 trat Michael Wippler das Erbe seiner Vorfahren an und übernahm gemeinsam mit seiner Frau Deloris die Bäckerei. Der heutige Erfolg des Familienbetriebs ist auf den Zusammenhalt und die Philosophie der Wipplers zurückzuführen: "Wir sind langsam und kontinuierlich größer geworden, auf schnelle Wachstumsschübe sind wir nicht aus. Wir sehen es so: Langsam gewachsenes Holz ist auch immer das wertvollste." 

„Wir“, das sind neben Michael Wippler seine Frau Deloris und seine Kinder Kathrin und Andreas, die das Tagesgeschäft in der Bäckerei bestreiten – Kathrin Wippler in der Konditorei und Andreas Wippler in der Bäckerei. „Für uns ist das die perfekte Lösung. Meine Kinder halten mir im Alltag den Rücken frei, ohne diesen Rückhalt könnte ich mich nicht in der Form im Verband einbringen.“ Und so freut sich Michael Wippler besonders, dass gleich beide Nachfahren die Tradition der Bäckerfamilie fortsetzen. Trotzdem steht "der Chef“, wie ihn seine Mitarbeiter liebevoll nennen, noch häufig selbst in der Backstube. „Meistens darf ich aber ausschlafen und komme erst um 5 Uhr“, ergänzt Michael Wippler schnell.

Nur ein Handwerk, das gemeinsam an einem Strang zieht, ist ein starkes Handwerk.

Nicht nur in der eigenen Bäckerei vertritt Michael Wippler die Werte und die Philosophie des Handwerks, auch außerhalb des eigenen Betriebs engagiert er sich für die Belange des Bäckerhandwerks. Und das bereits seit den 1970er Jahren: Zunächst in der Ausbildung, dann in diversen Gremien des sächsischen Bäcker-Landesverbandes Saxonia, wo er lange Zeit Landesobermeister war.

Sein Engagement kommt dabei nicht von ungefähr: „Das tue ich aus Überzeugung, denn bei allem Wettbewerb ist mir persönlich der Zusammenhalt der Bäcker untereinander wichtig. Unter anderem dafür sehe ich uns als Zentralverband in der Verantwortung. Nur ein Handwerk, das gemeinsam an einem Strang zieht, ist ein starkes Handwerk.“

Die Geschäftsführung seiner Bäckerei und sein Amt als neuer Präsident in Berlin verlangen Michael Wippler einiges ab – ständiges Pendeln inklusive. Wenn er dennoch Zeit hat, experimentiert er gerne mit seinem Lieblingsgebäck: dem Stollen. „Die meisten Neuerungen entwickeln meine Kinder – aber einige Rezepturen finde ich dennoch spannend. Gerade arbeiten wir an einem Whisky-Stollen. Wir sind noch dabei, den passenden Whisky mit dem richtigen torfigen Eigengeschmack zu finden. Mehr wird aber noch nicht verraten.“

Neben dem süßen Stollen hat Michael Wippler natürlich auch eine weitere Leidenschaft: das Brot. Wir haben den neuen Präsidenten des Bäckerhandwerks in seinem Büro in der Landeshauptstadt Berlin auf ein Brot getroffen.

Lieber Herr Wippler, 

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Amt als Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks!

Michael Wippler

Vielen Dank!

Wann haben sie das letzte Mal Brot gegessen?

Michael Wippler

Das war gestern Abend. Die schönste Mahlzeit am Tag ist für mich das Abendessen und ein essenzieller Bestandteil davon ist für mich natürlich ein gutes Brot.

Was für ein Brot war das?

Michael Wippler

Ich liebe einfache, ursprüngliche Rezepte – gestern ist es ein ganz klassisches Roggenmischbrot gewesen. Doppelt gebacken, das wird bei uns in der Bäckerei auch  Bauernbrot genannt. Durch die doppelte Backzeit hat es eine unglaublich schöne Kruste mit einem tollen Aroma. Das gerät nämlich oft in Vergessenheit: Nicht nur durch den Sauerteig, sondern ganz wesentlich durch den Backprozess wird der Geschmack beeinflusst.

Und was essen Sie als bekennender Gourmet dazu?

Michael Wippler

Auf dem Brot selbst war ein guter Käse, dazu gab es leckere Oliven und einen spanischen Rotwein.

Welches ist ihr Lieblingsbrot? 

Michael Wippler

Ich liebe mehrere Brote, das Roggenmischbrot doppelt gebacken gehört definitiv dazu. Ich liebe aber auch Vollkornbrote. Ausgefallene Brotspezialitäten sind etwas Tolles, die muss ich aber nicht jeden Tag essen. Ein Walnussbrot oder ein Pflaume-Nuss-Brot sind Highlights, die ich hin und wieder sehr schätze. Wenn Sie aber nach meinem Lieblingsbrot fragen, muss ich sagen: Die einfachen Rezepturen und ursprünglichen Sorten sind für mich der perfekte Brotgenuss.

Wann genau haben Sie zuletzt in der Backstube gestanden?

Michael Wippler

Lassen Sie mich kurz zurückdenken…. Heute ist Mittwoch, gestern war ich den ganzen Tag auf einem Termin, ich habe also am Montag zuletzt in Dresden in der Backstube gestanden.

Bei einer Brotzeit würde ich mich gerne einmal unterhalten mit…

Michael Wippler

… Helmut Kohl.

Warum ausgerechnet Helmut Kohl?

Michael Wippler

Die Geradlinigkeit, Standfestigkeit und der Weitblick von Helmut Kohl haben den Deutschen während seiner Amtszeit sehr gut getan. Wenn ich da an andere politisch Handelnde besonders während der Umbruchzeit Ende der 80er Jahre denke, war er für mich wie ein Fels in der Brandung mit einem klaren Blick und enormem Verhandlungsgeschick. Dass durch ihn die Wende so verlaufen ist, ist nicht nur ein Segen für Deutschland, es ist auch speziell ein Segen für unsere Familie und unsere Bäckerei gewesen.

Es gab zum Glück Menschen, die mit unglaublicher Weitsicht erkannt haben, wie sich für kürzeste Zeit die bis dahin unvorstellbare Möglichkeit bot, unser Land nachhaltig zu verändern. Wenn man diese Chance nicht so entschlossen ergriffen hätte, würden wir beide uns hier heute nicht unterhalten können.

Kommen wir zum nächsten Satz: Ein hartes Brot ist es für mich, wenn …

Michael Wippler

… zu einem Gericht ein ungetoastetes Toastbrot serviert wird.

Wann ist Ihnen so etwas denn zuletzt passiert?

Michael Wippler

Das war im Speisewagen, als ich nur einen kleinen Hunger hatte und eine Bratwurst bestellt habe. Dazu gab es dann eine Scheibe ungetoasteten Toast – da kann man auch in einen Waschlappen beißen.

Das Bäckerhandwerk ist wichtig für Deutschland, weil …

Michael Wippler

… es eine lange Tradition hat und für unsere tägliche Lebensqualität einen kleinen aber sehr wichtigen Beitrag leistet. 

Ich gehe immer davon aus, dass wir Menschen Individuen sind mit unterschiedlichem Geschmack und Vorlieben. Nur das Handwerk kann diese Individualität bedienen. Andere Marktteilnehmer haben andere Fähigkeiten und können zum Beispiel sehr günstig produzieren. Aber sie bieten eine „uniforme Qualität“. Die Individualität, vom Sortiment bis hin zur Beschaffenheit der Gebäcke – das kann nur das Bäckerhandwerk bieten. 

Sie stammen aus einer Bäckerfamilie und auch ihre Kinder setzen diese Tradition in ihrem Familienbetrieb fort – was ist für Sie das Schönste an dem Beruf?

Michael Wippler

Das Schönste am Bäckerberuf ist, dass ich, speziell als Selbstständiger, kein kleines Rädchen in einem unübersichtlichen Betrieb bin. Ich hole meiner Hände Arbeit aus dem Ofen und sehe sofort ein Ergebnis – das wirtschaftliche Ergebnis sehe ich dann am Ende des Tages in der Kasse. Ich weiß immer wofür ich arbeite und das genieße ich.

Und was raten Sie jungen Menschen, die überlegen, eine Lehre im Bäckerhandwerk zu beginnen?

Michael Wippler

Ich rate jedem, sich im Vorfeld intensiv zu informieren. Wir vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e. V. bieten online schon zahlreiche Möglichkeiten, durch die man sich einen Einblick verschaffen kann. Aber all das ist noch zu toppen, indem ich in einem Schülerpraktikum oder während der Schulferien in einen Betrieb hineinschnuppere und mich mit jungen Gesellen unterhalte. So erhalte ich eindeutig den besten Einblick in ein tolles Handwerk!

Eine persönliche Frage: Sind Sie ein Frühstücks- oder Abendbrotler?

Michael Wippler

Ich bin absolut ein Abendbrotler!

Das sagen Sie so überzeugt! Frühstücken Sie denn gar nicht?

Michael Wippler

Ich kann nicht mitten in der Nacht aufstehen und sofort etwas essen. Wenn ich in Dresden in meinem Betrieb bin, stehe ich um 5 Uhr in der Backstube. Wenn es sich ergibt, machen wir um 8 Uhr in der Bäckerei ein kurzes Familienfrühstück mit Brezeln und Brötchen. Aber das Abendbrot genieße ich immer am meisten – und am ausschweifendsten.

Die Deutsche Brotkultur wurde nun ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Was bedeutet die Brotkultur für Sie persönlich?

Michael Wippler

Hier kann ich wieder den Bogen schlagen zur Bedeutung des Bäckerhandwerks, denn Brotkultur und Handwerk stehen meiner Meinung nach beide für Individualität und Vielfalt. Das ist für mich etwas unglaublich Tolles. Durch wirtschaftliche Entwicklungen waren und sind diese Aspekte der Brotkultur zum Teil vom Aussterben bedroht. Deshalb finde ich es wunderbar, dass wir hier ein gesellschaftliches Zeichen setzen konnten. Es ist mir wichtig, dass die Menschen erkennen, wie außergewöhnlich und wichtig das Brot eigentlich ist. Durch die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes hat das Brot die Aufmerksamkeit erhalten, die es verdient. 

Herr Wippler, vielen Dank für das Gespräch! 

Der Artikel "Auf ein Brot mit Michael Wippler" erschien am 5.11.2015 auf www.innungsbaecker.de.

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