Brotsommeliers: Gesichter der Brotkultur
Im Interview mit Brotsommelier Axel Schmitt
Mit mehr als 3.000 eingetragenen Brotsorten kreieren die Bäcker in Deutschland so viele Brotspezialitäten, wie nirgendwo sonst auf der Welt. Experten für diese Brotvielfalt sind die geprüften Brotsommeliers. Das sind Bäckermeister, die in einer zusätzlichen Ausbildung noch mehr über Brot gelernt und sich sensorische Fähigkeiten angeeignet haben. Sie geben der Brotkultur ein Gesicht.
Axel Schmitt ist Bäckermeister und Brotsommelier, der sein Publikum für das Bäckerhandwerk und seine Produkte begeistert.

Herr Schmitt, was macht für Sie die Faszination von Brot aus?
Axel Schmitt: Ich kann von Brot einfach nicht genug bekommen. Denn obwohl ich schon mein Leben lang mit diesem Thema zu tun habe, wird es mir nicht langweilig. Ganz im Gegenteil: Es fasziniert mich immer noch, dass ich aus einfachen Rohstoffen, die im Prinzip vor der Haustür wachsen, eine riesige Vielfalt entstehen lassen kann. Spannend finde ich auch die Entwicklung des Brotes vom reinen Sattmacher hin zu einem Produkt, das heute den Status eines Kulturguts hat und ein Zeichen des Lebensstils ist. Etwas überspitzt formuliert: Früher haben wir die Hungrigen satt gemacht, heute machen wir die Satten hungrig – mit der Kombination von traditioneller und innovativer Handwerkskunst.
Wie bringen Sie Kunden die Vielfalt der deutschen Brotkultur näher?
Axel Schmitt: Wir leben hier in einem ländlichen Raum, in dem die Brotzeit oft fest im Tagesablauf verankert ist – mit Brot als festem Bestandteil. Bei vielen hat das Interesse daran, wie und aus welchen Rohstoffen das Produkt hergestellt wird, tatsächlich im Laufe der Zeit zugenommen. Darüber hinaus führe ich die Menschen über Verkostungen und Brot-Tastings an das Thema heran und bin auch viel auf Social Media und im Fernsehen unterwegs. Dabei ist mir übrigens extrem wichtig: Egal wie spaßig und verrückt die einzelnen Aktionen sind – es geht mir immer um die Wertigkeit unserer Produkte, die durch gute Zutaten und großes Bäcker-Fachwissen entstehen.
Gibt es einen Brotmoment, an den Sie sich besonders gern erinnern?
Axel Schmitt: Ganz häufig erlebe ich bei Menschen, die Brot eigentlich nur noch als abgepacktes Sandwich aus dem Kühlregal kennen, regelrechte AHA-Momente, wenn sie dann erstmalig das pure Brot probieren. Oder auch mehrere Brote im Rahmen eines Tastings im Vergleich – das schärft die Sinne, weil es mit so vielen Aromen, Krusten und Strukturen spielt. Wenn dann die Unterschiede „erschmeckt“ werden und der Genuss ganz bewusst wahrgenommen wird, kommt es oft zu sehr schönen Brotmomenten.
Wie haben Sie Ihre Leidenschaft fürs Bäckerhandwerk entdeckt?
Axel Schmitt: Tatsächlich lief es bei mir ganz klassisch ab, so wie man sich das vorstellt. Ich stamme aus einer kleinen Bäckerei, meine Eltern waren beide sehr eingespannt – mein Vater hinten in der Backstube und meine Mutter vorne im Verkauf. Und so haben mein Bruder und ich natürlich auch ganz viel Zeit dort verbracht. Die Hausaufgaben wurden im Hinterzimmer erledigt – mit Blick auf die Kunden und hinter uns die Backstube. Der Funke ist aber schon früher übergesprungen…ich habe die Leidenschaft zum Bäckerhandwerk sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen.

Wie begeistern Sie Menschen für das Bäckerhandwerk?
Axel Schmitt: Trotz der vielen Informationen, die es bereits zum Thema gibt, sind ganz viele Menschen beeindruckt, wenn sie in einer Backstube stehen oder den Prozess des Brotbackens miterleben. Vielen ist nicht bewusst, wie viele Schritte notwendig sind, welche Logistik, Zeiten und Expertise es braucht, um rechtzeitig am Morgen die Theke voller Brot und Brötchen zu haben. Das begeistert! Ansonsten bin ich auch im Cross-Marketing sehr aktiv und streue beispielsweise auf Festivals und Konzerten meine Informationen. Es ist schön, wenn die Menschen merken, dass unser Handwerk trotz der Tradition absolut modern ist – und kein verstaubtes Oma-Ding. Das Produkt selbst begeistert natürlich auch fürs Bäckerhandwerk: Brot ist so ein emotionales und warmes Thema! Das riecht gut, schmeckt und macht einfach gute Laune!
Welches ist Ihr persönliches Lieblingsbrot?
Axel Schmitt: Das wechselt von Zeit zu Zeit – die Auswahl ist einfach zu groß! Ganz aktuell begeistert mich vor allem unser mediterran gehaltenes Naturschutzbrot. Dahinter steckt eine Dinkel-Weizen-Mischung mit Lindenblütensauerteig, für das wir Bio-Mehl aus der Region verwenden – deshalb auch der Name.
Vielen Dank.

Appetit auf Brotvielfalt bekommen? Dann nichts wie los zum Innungsbäcker. Wo dieser zu finden ist, zeigt der Bäckerfinder.

Weltweit einzigartig: die deutsche Brotvielfalt
Mit rund 3.000 eingetragenen Brotsorten ist die Brotvielfalt in Deutschland weltweit einzigartig. Ein Grund dafür ist, dass auf den Böden in Deutschland verschiedene Getreidesorten wachsen. Ein weiterer ist die über Jahrhunderte angewachsene Expertise der Handwerksbäcker. 2014 wurde die deutsche Brotvielfalt von der UNESCO in Deutschland ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Dieses Video zeigt, was Brot in Deutschland so besonders macht – und weshalb es weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist.