Das Mahlen von Getreide
Die Anfänge einer Kulturtechnik
Das Mahlen von Getreide ist eine jahrtausendealte Kulturtechnik und Grundlage der Backkunst. Von der Küste bis zum Schwarzwald zeugen historische Mühlen von dieser Tradition – und erzählen, wie aus Korn Mehl wird. Doch wie sind Mühlen entstanden?

Wie das Mahlen von Getreide das Bäckerhandwerk prägte
Mühlen gibt es, damit Menschen backen können – genau gesagt, um aus Getreide Mehl zu mahlen. Von einer „molina“, einer Wassermühle, war zum ersten Mal um das Jahr 10 vor unserer Zeitrechnung die Rede. Klingt alt, ist aber vergleichsweise jung. Denn Mehl benötigten die Menschen schon vor 10.000 Jahren.
Vom Handreiben zum Mahlwerk: Technikgeschichte erleben
Lange Zeit zerrieb man Körner mit Muskelkraft zwischen Handreibsteinen. Ein halbes Pfund Brot bedeutete gut drei Stunden Reiberei. Diese Hingabe zeigt den Stellenwert des Bäckerhandwerks in der Geschichte der Menschheit – und so blieb das Mahlen von Getreide über Jahrhunderte hinweg Handarbeit.
Erst die Erfindung des Wasserschöpfrades vor gut 5.000 Jahren im Mittelmeerraum ebnete den Weg zur Technik der Wassermühlen. Mit den Römern kam sie im vierten Jahrhundert nach Nordeuropa – und mit der Erfindung der Mühlen wurde das Mahlen von Getreide deutlich effizienter.

Aus Korn wird Mehl, mit Hilfe von Wasser und Wind
Heute gelten Wassermühlen als älteste Maschinen, die je unabhängig von Muskelkraft betrieben werden. Windmühlen kamen erst viel später auf. In Deutschland war das im elften Jahrhundert der Fall.
Ein Prinzip, viele Mühlenarten
Von der Wasser- bis zur Windmühle gibt verschiedene Mühlenarten. Sie basieren auf demselben Prinzip: Wasser oder Wind treiben ein Rad senkrecht an. Ein Winkelgetriebe leitet die Bewegung in die Waagerechte, was einen Mahlstein in Bewegung setzt, der Körner mahlt.
Mühlen, Maschinen des Fortschritts
Jahrhundertelang ging in Europa nichts ohne Mühlen. Müller waren omnipräsent. Vor 200 Jahren soll es in jedem größeren Dorf eine Getreidemühle gegeben haben.
Was als Technik fürs Mehlmahlen und Backen begonnen hatte, weitete sich auf weitere Zwecke aus. 160 Anwendungen sollen es gewesen sein: Neben Mehl ermöglichten Mühlen auch das Sägen von Holz und das Produzieren von Papier. Sie bohrten, schliffen, droschen, hämmerten und nahmen Menschen körperliche Arbeit ab.
Mühlen heute: Zwischen Denkmalpflege und Genusskultur
Mitte des 19. Jahrhunderts soll es mehr als 60.000 Mühlen in Deutschland gegeben haben. Mit der Industrialisierung übernahmen neue Techniken die Arbeit. Heute übernehmen Hightech-Mühlen das Mahlen von Getreide. Doch die Tradition lebt weiter.
Die älteste Mühle steht am Niederrhein
Angeblich ist jede Hundertste der alten Mühlen in Deutschland erhalten geblieben. Die älteste Windmühle, die noch funktioniert, steht am Niederrhein. Die Steprather Turmwindmühle in Geldern-Walbeck ist fast 600 Jahre alt und wurde um 1450 errichtet. Wer sie besichtigt, erlebt eine Zeitreise voller Geschmack. Regelmäßig mahlt ein Müller sein Korn. Zu kaufen gibt es frisches Brot auf Basis einer jahrhundertealten Mahltradition.

Die erste voll computergesteuert Mühle Deutschlands
1452 wurde auch eine andere Mühle erstmals urkundlich erwähnt: Die Schapfenmühle in Ulm, eine Wassermühle. Zwar brannte sie 500 Jahre später ab und wurde an neuem Ort nochmal errichtet. Doch ihre Geschichte verbindet Tradition mit Moderne. Die Schapfenmühle ist die erste Mühle Deutschlands, die voll computergesteuert war.
Von den Bergen im Süden bis zum platten Land im Norden sind historische Wasser- und Windmühlen heute als Wahrzeichen ganzer Regionen nicht wegzudenken. In historischen Mühlen erlebt man heute beim Mahlen von Getreide Brotgenuss mit allen Sinnen – und die Werte des Bäckerhandwerks zu begreifen.
Pfingstzeit ist Mühlenzeit
Übrigens: Seit Jahren findet am Pfingstmontag der Deutsche Mühlentag statt, um die Müllerei ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, Mühlen als Denkmäler zu würdigen und zu erhalten. Mühlen lassen sich im Sommer jederzeit beim Spaziergang im Freien entdecken.