Musik-Brot
Kann Musik Brot beeinflussen?
Bäcker und Brot-Sommelier Axel Schmitt hat das untersucht und für seine Ausbildung zum Brot-Sommelier ein Klangexperiment mit Sauerteig gestartet. Die Fragen: Welche Klänge mag Sauerteig? Ist Brot aus beschalltem Sauerteig besser? Was passiert mit Sauerteig, wenn Musik ihn begleitet? Die Antworten gibt Axel Schmitt im Interview.

Musik-Brot: Die Idee hinter dem Experiment
Axel Schmitt aus Frankenwinheim ist Innungsbäcker mit Leib und Seele. Seine zweite Leidenschaft ist die Musik: Er spielt in einer Rockband und wollte wissen, ob auch Brot auf Musik steht – und wenn ja, auf welche. Der Bäcker stieß auf erstaunliche Erkenntnisse, und das von ihm entwickelte Musik-Brot könnte völlig neue Geschmackserlebnisse bieten. Mit Musik-Brot möchte Axel Schmitt das Bäckerhandwerk kreativ weiterentwickeln.
Herr Schmitt, wie kamen Sie auf die Idee, Sauerteig musikalisch zu beschallen?
Axel Schmitt: Die Idee ist im Rahmen meiner Ausbildung zum geprüften Brot-Sommelier an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim entstanden. Neben Produktkunde, deutsche Brotkultur und sensorischen Fähigkeiten steht hier auch eine Projektarbeit auf dem Programm. Ziel ist es, neues Wissen zum Thema Brot zu gewinnen. Ich wollte etwas machen, das mir persönlich Spaß macht, und da ich nicht nur Vollblutbäcker bin, sondern auch als Schlagzeuger in einer Band spiele, war die Idee schnell geboren.
Musik beeinflusst die Emotionen von Menschen. Nicht selten sieht man Menschen, die von einem bestimmten Lied gerührt sind, oder wie auf Konzerten die Freude durch die Menge schwappt. Wieso sollte Musik nicht auch Brot oder Teig beeinflussen? Sauerteig hat natürlich keine Ohren, aber auch gehörlose Menschen spüren den Schall. Aus diesem Grund hatte ich die Vermutung, dass das auch beim Sauerteig ankommt.

Was genau haben Sie gemacht?
Axel Schmitt: Der Titel meiner Projektarbeitet lautet „Veränderung eines Sauerteiges bei Beschallung mit Musik während der Reife“, und genau das haben wir gemacht. Ich wollte das Experiment so professionell wie möglich angehen und habe mehrere Experten ins Boot geholt. Dabei war zum Beispiel ein Molekularforscher des Max-Planck-Instituts, der Experte im Bereich Ultraschall ist. Dann ein Experte der Bundesakademie, Herr Muschelknautz, mit dem ich die Standardisierung bei der Sauerteigherstellung besprochen habe. Mit der Musikhochschule Würzburg habe ich die passenden Musikstücke ausgewählt, und der Sauerteig-Spezialist Böcker hat die Analyse der Sauerteige übernommen. Ein Biologe hat bei der Standardisierung der Ergebnisse unterstützt.
Wichtig war, dass wir immer dasselbe Anstellgut bei derselben Temperatur verwendet haben. Außerdem haben wir ein Aromastudio gebaut, einen ca. sechs Quadratmeter großen Raum mit zwei 14.000-Watt-Boxen. Das ist ungefähr mit einer Musikanlage in einem Festzelt zu vergleichen.
Nach dem Festlegen der Standards haben wir angefangen, den Sauerteig zu beschallen. Es gab einen Kontrollsauerteig, der nicht beschallt wurde, einen Sauerteig, der mit tiefen Tönen der Klassik unter 1.000 Hertz beschallt wurde, einen Sauerteig, der die hohen Töne der Elektrogitarre über 1.000 Hertz zu hören bekam, und einen vierten Sauerteig, den wir mit Ultraschall beschallten. Hier liegt die Frequenz bei über 37.000 Hertz, also deutlich über dem, was der Mensch hören kann.
Jede der drei Gruppen wurde 16 Stunden lang bei 100 Dezibel beschallt, das entspricht einem Presslufthammer. Unsere Nachbarn haben sich gefreut. Wir haben für jede Gruppe jeweils zwei Proben genommen, diese eingefroren und an Bröcker zur Analyse gesendet.

Konnte man tatsächlich einen Unterschied erkennen?
Axel Schmitt: Ja! Je höher die Frequenz war, desto höher war der Säuregrad und desto niedriger der pH-Wert. Am deutlichsten war der Unterschied zwischen unserem Kontrollsauerteig, der nicht beschallt wurde, und dem Sauerteig, der mit Ultraschallwellen beschallt wurde. Zwischen Mozart und AC/DC gab es keine großen Unterschiede, der Sauerteig mag beide Musikrichtungen wohl gleich gerne. Dem Brot verleiht die Veränderung des Sauerteigs eine schöne Würze. Geschmacklich passt das Brot perfekt zum Abendbrot.
Ist dieser Versuch im Bäckeralltag umsetzbar? Gibt es bei Ihnen jetzt ein „Rock-Brot“?
Axel Schmitt: Wir werden unser Aromastudio definitiv auch weiterhin nutzen, um noch mehr Tests durchzuführen. Außerdem möchte ich meinen Kunden Musik-Brote anbieten. Geplant sind eine klassische und eine rockige Version. Ich liebe meinen Beruf und lege großen Wert aufs Handwerk. Meine Begeisterung und mein Wissen möchte ich mit Konsumenten teilen und sie fundiert informieren.
Vielen Dank.
